
K. Nadeem Arif (Quelle: eigenes Foto)
Kann Outsourcing im Bereich der Softwareentwicklung überhaupt funktionieren? Wenn ja, ist das nicht eher eine Thema für Konzerne und große Softwareanbieter als für den Mittelstand?
In dem folgenden Gastbeitrag berichtet der Autor K. Nadeem Arif , wie Softwareentwicklung in Indien funktionieren kann und welche Voraussetzungen dafür erforderlich sind.
Herr Arif ist seit über 20 Jahren als Unternehmer erfolgreich. Als Gesellschafter-Geschäftsführer der outsourcing4work GmbH (www.outsourcing4work.de) ist er Spezialist für Business Development, Marketing sowie IT Outsourcing, kennt die Kulturen und das wirtschaftliche Umfeld in Deutschland und in Indien und beherrscht die Sprachen Deutsch, Hindi und Englisch. Über die Jahre entstand ein umfassendes Outsourcing-Konzept für die Zusammenarbeit mit indischen Softwareentwicklern, das auch den speziellen Anforderungen von Start-ups und kleinen und mittleren Unternehmen gerecht wird. Unter dem Motto „outsourcing made in germany.“ stellt er sein Knowhow anderen Unternehmen zur Verfügung und zählt heute zu den führenden Experten auf diesem Gebiet. Hier seine Ausführungen:
Softwareentwicklung im Team ist eine komplexe Sache
Neben Know-how und Erfahrung spielen effizientes Projektmanagement und damit auch Kommunikation und Detail-Absprachen eine große Rolle. Es ist daher nicht weiter verwunderlich, dass viele der Softwareentwicklung via Offshore-Outsourcing äußerst skeptisch gegenüberstehen.
Wer schon einmal in einem komplexen Softwareprojekt mitgearbeitet hat, kann dies gut verstehen. Unerwartete Probleme tauchen eigentlich immer auf. Und was bei der anfänglichen Konzeption schlüssig erschien, kann sich bei der konkreten Umsetzung als nicht machbar erweisen. Dies kann im Einzelfall auch mit einer Fehleinschätzung eines Entwicklers zusammenhängen. Oder die Software-Roadmap wurde in einen zu engen Zeitrahmen gepresst, aus Budget-Gründen oder weil ein Auftraggeber das so verlangte.
Die Herangehensweise entscheidet über den Erfolg
Eine realistische Herangehensweise an Softwareprojekte sind daher für den Erfolg genauso wichtig, wie ein effizient miteinander arbeitendes Team. Die Frage, ob Offshore-Softwareentwicklung überhaupt funktionieren kann, lässt sich demnach nicht pauschal mit ja oder nein beantworten. Es geht eher um das warum.
Der Versuch ein Softwareprojekt nach dem Motto „bestellt und abgeholt“ in Indien realisieren zu wollen, ist daher genauso abwegig, wie es bei einem deutschen Anbieter wäre. Für den späteren Erfolg ist eine intensive Kommunikation, ja oft sogar Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber und den beteiligten Softwareentwicklern unverzichtbar.
Bezüglich der Offshore-Softwareentwicklung wird daher oft die berechtigte Frage gestellt, ob dieser intensive Austausch zwischen einem deutschen Auftraggeber und einem indischen Entwicklerteam überhaupt funktionieren kann.
Die verständlichen Zweifel richten sich dabei meist auf drei Hauptfaktoren: Technisches Know-how, Mentalitätsunterschiede und Projektmanagement auf Distanz. Lassen Sie mich auf alle drei Punkte eingehen.
Das technische Know-how indischer Softwareentwickler
Deutschland ist ein hochentwickeltes Industrieland mit einem ausgezeichneten öffentlichen Bildungssystem und exzellenter Infrastruktur. Wir sind stolz auf den Titel als Exportweltmeister und freuen uns über das Qualitätssigel Made in Germany. Gegenüber Indien führt dies zu einer Reihe von Vorurteilen, die meist einer Pauschalisierung zugrunde liegen.
Anders als vielleicht noch von vielen vermutet ist Indien schon lange kein klassisches Entwicklungsland mehr. Bereits 2004 wurden über 52% des Bruttoinlandsprodukts durch Dienstleistungen erbracht und mit inzwischen an die 60% hat Indien mittlerweile EU Länder wie Polen hinter sich gelassen. Bereits seit 2005 ist Indien der weltweit führende Exporteur von Software und IT Dienstleistungen und hält aktuell stattliche 55% am globalen Outsourcing-Markt.
Viele Indische Softwareentwickler sind top ausgebildet und arbeiten im In- und Ausland in führenden Technologiekonzernen. Mit Satya Nadella hat es mittlerweile sogar ein Inder aus Hyderabad an die Spitze des größten Softwareunternehmens Microsoft geschafft.
Gerade die führenden IT Unternehmen wissen das indische Know-how also zu schätzen und sie haben schon vor Jahren begonnen große Standorte in Indien aufzubauen. So beschäftigt etwa IBM bereits mehr als 150.000 Mitarbeiter in Indien, bei Accenture sind es 80.000 und Oracle ist mit mehr als 31.000 Stellen ebenfalls gut vertreten.
Auch Google hat in Indien bereits mehr Mitarbeiter als in jedem anderen ausländischen Standort und der Konzern investiert kräftig weiter. Erst vor kurzem hat Google eine Partnerschaft mit 30 indischen Universitäten gestartet um zwei Millionen Android Entwickler in nur drei Jahren auszubilden. An einem mangelnden Angebot exzellenter indischer Softwareentwickler wird ein Projekt also wohl kaum scheitern.
Mentalitätsunterschiede und Arbeitsweisen
Was internationale Konzerne mit Ihrer globalen Erfahrung erfolgreich umsetzen, ist für kleine und mittelständische Unternehmen aber durchaus eine Herausforderung. Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit indischen Outsourcing-Anbietern ist interkulturelle Kompetenz und ein Verständnis für unterschiedliche Arbeitsweisen unverzichtbar. Dies geht schon bei der Direktheit und Art und Weise los, wie Kritik oder Wünsche geäußert werden. In der Zusammenarbeit mit indischen Fachkräften ist es problematisch, wenn Auftraggeber versuchen, die in Deutschland übliche Kommunikations- und Arbeitsweise auch in einem indischen Outsourcing-Projekt 1:1 anzuwenden.
In der Regel bedarf es international und kulturell erfahrener Mitarbeiter, welche beim Projektmanagement auf Distanz wissen, worauf es ankommt. Leider hat nicht jedes Unternehmen diese entsprechende Kompetenz. Bei outsourcing4work arbeiten wir deshalb mit unseren eigenen mit Agile / SCRUM geschulten Projektmanagern, welche genau diese Lücke füllen. Damit lösen wir auch ein weiteres Grundproblem bei der Offshore-Softwareentwicklung in Indien – die anspruchsvolle Koordination von Entwicklerteams in der Ferne.
Projektmanagement auf Distanz
In IT Projekten hat sich ja mittlerweile vielfach Scrum Projektmanagement auf Basis der Agilen Methode für Softwareentwicklung durchgesetzt, und kommt sicher auch bei Ihnen zum Einsatz. Was in lokalen Teams perfekt funktioniert, gestaltet sich auf Distanz aber deutlich schwieriger.
Viele Unternehmen mit eigenen zertifizierten Scrum-Mastern haben oft keine Erfahrung mit einem komplett virtuellen Projektmanagement, von der dabei gleichzeitig nötigen interkulturellen Kompetenz ganz zu schweigen. Das fängt schon bei virtuellen Scrum-Meetings über verschiedene Zeitzonen hinweg an, in Verbindung mit den dafür nötigen Produktivitätstools um die Scrum-Sprints online effizient zu managen.
Bei Offshore-Softwareentwicklung wird deshalb manchmal der Fehler gemacht, mangels des entsprechenden Projektmanagement-Know-hows nur als Auftraggeber oder bestenfalls als Produkteigner aufzutreten. Der für die optimale Durchführung eines Softwareprojekts wichtige Informationsaustausch reduziert sich dann aber auf ein Minimum.
Dies ist für uns ein weiterer wichtiger Grund, warum wir unseren Kunden mit Projektmanagern mit Rat und Tat zur Seite stehen. Mit dieser Arbeitsweise stellen wir sicher, dass schon beim Softwaredesign und der Zeitplanung die richtigen Entscheidungen getroffen werden. Denn ist das Kind erst einmal in den Brunnen gefallen, kann man nur schlecht umsteuern.
Kostenvorteile durch Offshore-Softwareentwicklung in Indien
Wird das Projektmanagement richtig angegangen, kann die Offshore-Softwareentwicklung durch indische Anbieter ihren größten Vorteil ausspielen – die deutlich niedrigeren Projektkosten. Durch eine Beschäftigung von größeren Entwicklerteams können aber auch die dadurch mögliche Verkürzung der Entwicklungszeit und damit die kürzere time-to-market das ausschlaggebende Kriterium sein. Um günstige Softwareentwickler zu finden, ist Indien jedenfalls eine der besten Anlaufstellen. Die Lebenshaltungskosten und damit auch die Löhne sind in Indien drastisch niedriger als in Deutschland und anderen hochentwickelten Industrieländern.
Schon diese hohe potenzielle Kostenersparnis ist nach Meinung von Herrn Arif Grund genug, um sich mit dem Thema Offshore-Softwareentwicklung einmal tiefergehend zu beschäftigen.
Vielen Dank für diesen informativen Artikel.
Erstmal vielen Dank für einen sehr interessanten Artikel!
Wir selbst arbeiten mit dem Outsourcing nach Osteuropa. Welche Unterschiede gibt es zwischen Offshore nach Indien und nach Osteuropa? Weil Osteuropa bietet genau so gute Preise und Qualität, aber weniger Unterschiede bei der Mentalität und Arbeitsweisen (so wie Sie geschrieben haben).
Ich finde es sehr gut, wenn Agile-geschulte Projektmanager die kulturellen Unterschiede im Blick haben und den Workflow optimieren. Wir haben auch sehr gute Erfahrungen mit indischen Entwicklern gemacht. Es gibt ja ein großes Netzwerk für Offshore-Betriebe.