Firmen weltweit arbeiten daran, das Leben des Menschen einfacher zu machen, oder, wie man heute sagt, „convenienter“ zu gestalten. Schwierige und langwierige Aufgaben sollen in einfache und schnelle Prozesse verwandelt werden.
Unabhängig von Arbeits- und Öffnungszeiten können Informations- oder Produktangebote 24×7 im Internet genutzt werden. So kann der Mensch selbst bestimmen, wann er sich die Zeit dafür nehmen möchte. Lust, selbst etwas tun zu können, anstatt Frust, etwas aufgrund von Rahmenparametern anderer tun zu müssen.
Aus einer Vielzahl an Informations- und Produkt- oder Service-Elementen kann einfach ausgewählt und eine enorme Anzahl an Kombinationsmöglichkeiten einfach und flexibel generiert werden. Das ist großartig – solange es beherrschbar und letztlich nützlich bleibt.
Jedes Unternehmen sollte sich aber auch die Frage stellen, wann der Punkt erreicht ist, an dem die schiere Menge an Auswahlmöglichkeiten den Kunden überfordert oder gar Elemente angeboten werden, die keinen Mehrwert erzeugen, sondern nur dazu dienen, dem Kunden immer wieder eine unendliche Leistungsfähigkeit und -bereitschaft des eigenen Unternehmens vorzugaukeln.
Die Frage ist nicht, was man alles anbieten kann, sondern, was man anbieten sollte und in welcher Form dieses Angebot „easy to use“ ist und bleibt.
Was mit Überforderung durch Flexibilität und Optionsvielfalt gemeint ist, soll am nachfolgenden Beispiel verdeutlicht werden.
Auf der Internetseite einer beliebten Fast Food Kette kann man sich in mehreren Teilschritten sein Lieblingssandwich selbst zusammen stellen. Nach der Auswahl einer von 15 Basis – Zutaten, gefolgt von 5 möglichen Brotsorten in jeweils zwei unterschiedlichen Brotlängen, kann man sich bei 5 Käsesorten als Käseliebhaber, mit zwei extra Mehrbelegungen als Vielfraß und in der Variante „kross oder nicht kross“ als Besitzer beißfester Zähne (oder eben nicht) outen.
Danach wird es abwechslungsreich, auch für die Eingabe am Rechner, denn nun muss man nicht auswählen, sondern kann aus 8 vorbelegten Salat- und Gemüsegarnierungen, die ungewollten Belegungen abwählen. Rasch noch aus 9 Soßen gewählt oder die Variante 10 „ohne Soße“ bevorzugt und dann entschieden, ob dem Ganzen mit Salz & Pfeffer noch eine zusätzliche Würze verliehen wird.
Da jetzt das Sandwich aus mehr als einer Viertelmillion Kombinationsmöglichkeiten zusammengestellt ist, kann natürlich noch mit Ergänzungen wie Chips oder Cookies (selbstverständlich beides in mehreren Varianten) sowie diversen Softgetränkemöglichkeiten ein Sparmenü zusammengeklickt werden.
Ein eigenes Sandwich Kombi Sparmenü – sozusagen „one in a million“ und vielleicht noch nie in der Form kombiniert. Das macht stolz!
Aber langsam schleichen sich Zweifel ein. Warum wurde es vielleicht in dieser Form noch nie kombiniert? War Spicy Italian die richtige Basis–Zutat und schmeckt das überhaupt in Kombi mit dem gewählten Honey Oat Brot ? Warum konnte man nur Salz & Pfeffer wählen, wenn man doch nur Pfeffer gewollt hätte ? Kann das eigentlich immer alles frisch sein?
Als jemand aus der Generation, in der Fast Food aus der Currywurst bestand und bei der die Kombinationen sich auf „mit“ oder „ohne“ Pommes beschränkten, ist man deutlich überfordert und empfindet den Prozess und damit auch das Produkt alles andere als einfach und „fast“.
Vielleicht gehört man aber einfach auch nicht mehr zu der jugendlich, dynamischen Zielgruppe eines solchen Produktes.
Mit seiner durch die vielen Arbeitsjahre erworbenen Kaufkraft ist man sicher eher die Zielgruppe für den Erwerb langlebiger und hochpreisiges Wirtschaftsgüter.
Verwendet man den Konfigurator eines namhaften Autoherstellers, wird man aber schnell zu der Frage gelangen, ob zuerst das Auto oder das Sandwich konfiguriert werden konnte.
Mit Blick auf den KEP-Markt bemerke ich aktuell eine Art Wettrüsten in Bezug auf die Generierung zusätzlicher Optionen, in erster Linie mit Blick auf die sogenannten Empfängerservices im B2C-Bereich.
Vielleicht sollten wir alle darauf achten, klug und mit Augenmaß zu agieren, um nicht die Balance zu verlieren, sodass eine grundsätzlich positive Kundenorientierung auch als solche durch den Kunden wahrgenommen wird.
Auf dem Prüfstand sollten hier künftige aber auch aktuelle Services stehen, die nicht um jeden Preis eingeführt oder – koste es, was es wolle – beibehalten werden sollten.
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