Logistikdienstleister haben zum Tender Management ein ambivalentes Verhältnis: Auf der einen Seite machen die Ausschreibungen (viel) Arbeit, auf der anderen Seite bieten sie aber auch Chancen. Was überwiegt? Chancen oder Risiken?
In einer zweiteiligen kleinen Beitragsserie wollen wir versuchen, der Sache auf den Grund zu gehen. Der erste Artikel befasst sich mit Trends und Entwicklungen im Bereich der Tender.
Anzahl und Frequenz der Ausschreibungen steigen
Einerseits werden quasi alle logistischen Leistungen ausgeschrieben. Andererseits hat sich der Ausschreibungszyklus verkürzt. Häufig wird sogar noch während der Vertragslaufzeiten ein Benchmark seitens der Kunden gewünscht.
Elektronische Ausschreibungsplattformen werden wichtiger
Die Anbieter von entsprechenden Plattformen haben inzwischen einen beachtlichen Marktanteil erreicht. Alleine über TimoCom werden täglich eine halbe Mio. Frachtraum und Ladungsangebote vermittelt (110.000 Nutzer).
Durch die Plattformen besteht die Gefahr, den direkten Kundenzugang zu verlieren und nur noch 1 von vielen Anbietern zu sein.
Der persönliche Einfluss sinkt
Der bisher so wichtige persönliche Kontakt zu Versand- und Logistikleitern nimmt tendenziell eher an Bedeutung ab. Transporte werden immer mehr als „Commodity“ gesehen. Die Ausschreibungen erfolgen streng formalisiert, und es gibt wenig Raum für Individualität. Was ist der USP? Zudem laufen viele Ausschreibungen über neutrale Berater, die ihr Honorar verdienen müssen. Dadurch steigt der Kostendruck.
Der erste Schuss muss sitzen
Allerdings muss schon das erste Angebot sitzen. Nur, wer hier punktgenau trifft, sprich: kalkuliert, kommt in die nächste Runde, in der man wieder eher seine Stärken darstellen kann. Neue Preisbildungsverfahren erhöhen den Zeitdruck. Man muss in Minuten entscheiden, ob man mit geht oder nicht. Das erhöht die Gefahr, dass man zu niedrig anbietet.
Die Komplexität wird größer
Gleichzeitig nimmt auch die Komplexität zu. Globale und intermodale Lieferketten erfordern eine Vielzahl von volatilen Informationen (Einkaufsraten) unterschiedlicher interner und externer Beteiligter. Diese Informationen zu sammeln und zu konsolidieren, ist ein (zeit)aufwändiger Prozess.
Ein erstes Zwischenfazit
Es gibt eine Menge von Rahmenbedingungen und Risiken, die einem Logistikdienstleister den Spaß an Ausschreibungen nehmen kann. Gerade Unternehmen, die eine hohe Qualität und Leistungen erbringen, können ihre Vorteile in den streng formalisierten Tender-Prozessen nicht richtig ausspielen, da standardisierte Ausschreibungen heute eher auf „Commodities“ ausgerichtet. Zudem wird damit auch der Kostenbetrachtung ein wesentlicher Stellenwert eingeräumt
Wo Risiken sind, ergeben sich aber immer auch Chancen: Denjenigen, die das „Klavier beherrschen“ bieten sich aber auch zusätzliche Chancen, z.B. um den Bekanntheitsgrad zu erhöhen und zusätzliche Aufträge zu gewinnen.
Welche Herausforderungen auf Logistikdienstleister zukommen, wenn sie sich dafür entscheiden, sich im Tender Management weiter zu professionalisieren, werden wir im 2. Teil des Artikels darstellen.
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