In dem ersten Teil des Blog-Artikels haben wir dargestellt, dass ein agiles Unternehmen selbstverständlich auch Führung erfordert – aber eben eine andere als in klassisch, eher hierarchisch geführten Unternehmen. Die Grundprinzipien und Voraussetzungen wurden dort dargestellt.
In diesem 2. Teil geht es um das „Wie“. Wie sollte eine erfolgreiche Agile Führung aussehen? Was ist dabei zu beachten?
Anspruchsvolles Veränderungsprojekt
Auch dieses Mal empfehlen wir zur weiteren Vertiefung die Website der Wirtschaftspsychologische Gesellschaft (WPGS) https://wpgs.de/fachtexte/fuehrung-von-mitarbeitern/agile-fuehrung-definition-und-prinzipien/ Die Originalzitate sind wiederum mit „“ gekennzeichnet.
Für agile Führung gibt es eine Vielzahl von Praxistipps. Aber, um es vorwegzunehmen: Der Wechsel zu agilen Führungsmethoden ist ein sehr anspruchsvolles Veränderungsprojekt. Weil hierbei intensiv Menschen in unterschiedlichen Rollen (als Mitarbeiter, als Führungskraft) einzubinden sind, benötigt diese Veränderung genügend Zeit und kann nicht einfach „von oben nach unten“ verordnet werden.
Und auf dem Weg zur agilen Organisation gibt es immer wieder Rückschläge, weil die Wirklichkeit eben oft komplexer ist als die Ratgeber vermuten lassen.
Kein Allheilmittel
Zudem ist agile Führung kein Allheilmittel:
„Setzen Sie agile Führung nur dort ein, wo diese wirklich Sinn macht, konkret: Immer wenn das Umfeld sehr komplex, dynamisch und unberechenbar ist. In anderen Situationen ist eine andere Führung zweckmäßiger.“
Mitarbeiter brauchen Fähigkeiten und Motivation. Auch müssen – was manchmal die größte Herausforderung ist – die Führungskräfte Ihren Mitarbeitern den Spielraum dafür geben: „Kümmern Sie sich dann darum, dass Ihre Mitarbeiter wirklich Entscheidungen treffen können und wollen.“ Dafür ist auf der einen Seite gegenseitiges Vertrauen notwendig.
Fähigkeiten und Motivation
Auf der anderen Seite müssen Führungskräfte aber auch akzeptieren, dass nicht jeder Mitarbeiter gerne Entscheidungen trifft.
„Nein! Viele wollen nicht und noch weniger können entscheiden. Und sobald entscheiden bedeutet, sich tatsächlich einzuarbeiten und gut vorzubereiten, wird der Anteil noch geringer. Das hat durchaus Ähnlichkeit mit dem Verhalten von Wählern. Viele gehen nicht hin; und wer hingeht, hat fast nie die Parteiprogramme gelesen und sich umfassend vorbereitet. In Unternehmen kann man ähnliches beobachten: Viele wollen gefragt werden und mitreden, aber wenige etwas dafür tun oder sich davor umfassend informieren.“
Information und Kommunikation
Deshalb sind Durchhaltevermögen und Konsequenz in der Umsetzung gefragt, bis solche „dezentralen“ Entscheidungsprozesse funktionieren. Und selbst dann muss man in der Folgezeit immer wieder darauf achten, dass sich alle Verhaltensweisen nicht wieder einschleichen.
„Agile Führung braucht als Basis selbstständige und handlungsfähige Mitarbeiter. Ansonsten geht der Ansatz voll nach hinten los und die Ergebnisse sind schlechter als zuvor.“
Agile Führung erfordert auch eine ausgeprägte Vertrauenskultur. Die herzustellen, ist eine wesentliche Aufgabe der Führungskräfte. „So sparen Sie sich viel Zeit für direkte Steuerung und Kontrolle und Ihre Mitarbeiter können offen untereinander und mit Ihnen kommunizieren.“
Das A und O ist eine gute Kommunikation: „Schnelle Anpassung und Reaktion gibt es nur, wo Kommunikation gelingt. Investieren Sie in gelungene Kommunikation im Team, fördern Sie die Zuhörerfertigkeiten und Sprecherfertigkeiten Ihrer Mitarbeiter.“
Führung mit Vorbildfunktion
Als Führungskraft ist hier eine Vorbildfunktion gefragt: „… gehen Sie mit gutem Beispiel voran, geben Sie Rückmeldung, wo positives Kommunikationsverhalten auffällt (Lob) oder konstruktive Kritik, wenn etwas besser geht.“
Im eigenen Team fällt das noch relativ leicht, aber natürlich ist das nur ein Teil: „Stellen Sie Kommunikationskanäle auch über das Team hinaus her, vor allem zum Umfeld, zu den Kunden, zum Markt. Ziel ist, dass Ihre Mitarbeiter als Botschafter und Diplomaten Informationen nach außen und innen tragen und ein außerordentliches Interesse an Kunden, Partnern und Wettbewerbern entwickeln.“
Je besser die genannten Punkte funktionieren, umso mehr können Regeln, Kontrolle und Hierarchie abgebaut werden. „Sie geben mehr Freiraum, delegieren zunehmend Entscheidungen und Aufgaben und fördern Selbständigkeit und Selbstorganisation. Gehen Sie dabei ruhig auch mal kleine Risiken ein und geben einen Vertrauensvorschuss – aber ohne naiv zu sein. Die Dosis und der Zeitverlauf entscheiden hier, ob das Mehr an Freiheit Medizin oder Gift ist.“