Der Kunde plant die Softwareeinführung einer neuen Speditionslösung. Die Anforderungen werden aufgenommen – und am Ende liest sich das Lastenheft wie das Benutzerhandbuch der bestehenden Software. Das kann doch gar nicht sein, oder?
Aus der Erfahrung können wir sagen, dass es ein hartes Stück Arbeit ist, bekannte (Software- und Prozess-) Pfade zu verlassen und sich auf eine neue Software und auch auf neue technische Möglichkeiten einzulassen.
Chance nutzen und Ballast abwerfen
Auf meine Aussage, dass man wie bei einem Umzug auch „ausmisten“ sollte, zitierte der Geschäftsführer den Satz aus dem Lied „Leichtes Gepäck“ von Silbermond: „Es reist sich besser mit leichtem Gepäck.“.
Ich würde nicht so weit gehen, „dass du 99% nicht brauchst“, aber einige über die Jahre gewachsene und arbeitsaufwendige Prozesse finden sich in jedem Unternehmen. Und für diese Prozesse wurden i.d.R. die eingesetzten Softwareprodukte angepasst, oder es entstanden Nebensysteme in Excel.
Der neue Softwareanbieter hat seine eigene Philosophie und bildet diese Prozesse i.d.R. nicht genauso in seinem Standard an.
Jetzt gibt es 2 Möglichkeiten im Rahmen der Softwareeinführung:
- Anpassung der Prozesse und Arbeitsweisen der Mitarbeiter an die (entsprechend konfigurierte) Software oder
- Beauftragung des Softwareanbieters für entsprechende individuelle Anpassungen
Gewünschte Funktionalitäten kritisch hinterfragen
Tipp: Bevor Sie im Rahmen der Softwareeinführung Anpassungen an den neuen Softwareanbieter beauftragen, durchforsten und bewerten Sie Ihre Prozesse und die geforderten Funktionalitäten kritisch.
- Wollen wir den Prozess in Zukunft überhaupt noch in dieser Form?
- Werden Funktionen, die man vielleicht für viel Geld in die alte Software hat programmieren lassen, tatsächlich genutzt?
- Was kostet und welchen (zeitlichen / monetären) Nutzen hat die Funktionalität? Erstellen Sie einen „Mini-Business-Case“.
- Wie bildet der Softwareanbieter den Anwendungsfall in seinem System ab? Was ist mit entsprechender Konfiguration(ohne Programmierung) möglich? Kann man damit „leben“?
- Wird die Funktionalität auf Grund der anderen Philosophie (z.B, Workflow-Steuerung) und neuer technologischer Möglichkeiten (z.B. rollenbezogene Cockpits) der neuen Software überhaupt noch benötigt?
- Braucht man wirklich jede Auswertung und Statistik 100%ig identisch zur alten Software?
Auf keinen Fall die alte Lösung nachbauen
Wichtig ist es, nicht alles aus dem alten System „nachzubauen“ und auf den Ist-Prozessen zu verharren! Sonst muss man sich die Frage stellen, warum man überhaupt eine neue Software braucht / kauft. Mir fallen da nur wenige Gründe ein, z.B.:
- Verlust des Know-hows beim Softwareanbieter (Verlust von wichtigen Mitarbeitern)
- Wirtschaftliche Schwierigkeiten des Softwareanbieters oder
- Schwerwiegende technologische Gründe (z.B. Ende der Wartung wesentlicher Komponenten)
Ein Wechsel der Software aus Funktionalitäts- und Effizienzgründen, ohne gleichzeitig an den Prozessen und der Arbeitsweise der Mitarbeiter Anpassungen vorzunehmen, ist keine gute Lösung.
Also – „Du nimmst all den Ballast und schmeißt ihn weg“ – schaffen Sie Platz für effiziente und standardisierte Prozesse!
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