Auf der weltweit viel beachtete Consumer-Messe CES in Las Vegas waren in diesem Jahr neben sonstigen Neuerungen erstaunlich viele für das sogenannte Internet der Dinge zu sehen. Vor allem Intel hatte eine Neuerung im Gepäck: Ein hochintegriertes Device für sogenannte „wearable“ Lösungen: genannt Curie. Curie rundet Intels Portfolio nach unten hin ab und ergänzt damit die bisher vorhandenen Lösungen für das Internet der Dinge (Quark SoC (system on a chip for embedded systems)) und die Intel Atom Serie (Einsatz vor allem in Mobile-Devices sowie Appliances). Um die Entwicklergemeinde für das neue „Ding“ zu begeistern wurde parallel zur Produktpräsentation ein Wettbewerb gestartet. Nachfolgend eine interessante Lösungs-Auswahl der Top 10 Finalisten (https://makeit.intel.com/finalists):
Baby Guard „Smarte Gesundheitsüberwachung“
Das münzgroße Device mit Sensoren wird in unterschiedlichen Outfits eingebaut z.B. in die Unterwäsche von Schwangeren oder nach der Geburt in die Wäsche des Babys. Die vom Baby aufgenommenen Signale (z.B. EEG) werden via mobile App interpretiert und der resultierende Gesundheitszustand der Mutter in einer aufbereiteten und klar verständlichen Form auf dem Smartphone zur Verfügung gestellt.
First V1sion „Smarter Sportler“
Der Sportler trägt eingewoben in sein Sport-Shirt ein Wearable Device mit Sensor und Kamera, so dass der Fan hautnah und in Echtzeit ein besseres Sporterlebnis geliefert bekommt.
ProGlove “Smarte Hand“ zum Bsp. für den Fließbandarbeiter
Über eine Handschuh-Erweiterung wird ein automatisches Scannen von Waren und Werkzeugen ermöglicht um sicherzustellen, dass für einen Montageschritt das richtige Werkzeug verwendet wird. Weiterhin kann ein Bewegungstracking erfolgen d.h. es kann der Arbeitsablauf geprüft und der Mitarbeiter beeinflusst werden, wenn die durchgeführten Arbeitsschritte nicht in der geplanten Reihenfolge richtig ausgeführt werden. Weiterhin sind Sensoren zur Gesundheitsüberwachung des Arbeiters integriert (http://www.proglove.de/)
Laut Gartner’s Hype-Cycle ist IoT auf dem Plateau des Hype angekommen, so dass es sich anbietet, einen ausführlicheren Blick auf den Stand der Dinge zu werfen. Wie man gerade beim letzten „Ding“ ProGlove feststellen kann, sind IoT Lösungen weit weg von einer Spielerei für Konsumenten.
Die Idee hinter IoT
Im Kern geht es um die Verbindung der realen, physikalischen mit der virtuellen Internetwelt und damit Schaffung neuer Märkte und Möglichkeiten, teilweise auch bezeichnet als Internet 3.0.
In dem Begriff IoT (Internet der Dinge) sind bereits die wesentlichen Bestandteile enthalten. Die „Dinge“ verknüpft mit dem Internet. Hinter Dinge verbirgt sich das Konzept, physikalische Objekte mit Sensoren/Devices zu versehen und mit Internet-Connectivity auszustatten. Unter Internet werden im Zusammenhang mit IoT eher die technologischen Elemente IP, Cloud-Lösungen und Standards verstanden. „Ding“ und Internet werden via Netzwerktechnologien verknüpft. Springender Punkt sind hierbei nicht zwingend die inzwischen relativ weitgehend gelösten technischen Aspekte und Herausforderungen sondern das erweitern bestehender Geschäftsmodelle oder Generierung neuer. In diesem Zusammenhang wird auch häufig vom Internet of Everything (meint die globale Vernetzung von Dingen, Menschen und Daten mittels Hardware/Software (on-premise und Cloud)) in den Anwendungsbereichen (smart) Business, Home, City, Mobility und Industrie verstanden.
Der Begriff IoT suggeriert ein homogenes technologisches Umfeld, welches aufgrund der technischen Historie und des breiten Anwendungsfeld keinesfalls gegeben ist. Auch die Begrifflichkeiten werden unterschiedlich verwendet und interpretiert. Nachfolgend die wesentlichen Aspekte aus meiner Sicht.
Grundsätzliche IoT Architektur
Für das IoT wurde natürlich nicht alles neu erfunden. IoT nutzt für den Internet- und Connectivity-Teil die vorhandenen IP basierenden Basisdienste plus Cloud Infrastrukturen (ausgeprägt als Software as a Service SaaS, Plattform as a Service PaaS, Infrastructure as a Service IaaS sowie spezialisierte Hardware und Software Stacks).
Auf der Thing/Device Ebene kommen Sensoren, Mikrocontroller und in der Regel drahtlose Übertragungstechniken zum Einsatz. Mit diesen Elementen lässt sich folgende, vereinfachte Architektur aus Things, Connectivity, Cloud-Lösung und dem Nutzer ausgestalten:
Things (versehen mit einfacher bis komplexer Device „Intelligenz“): Physikalisches Objekt mit miniaturisiertem Device, meist ausgeprägt als low power embedded system oder auch als Sensor-Knoten. Das Device enthält neben dem Mikrocontroller/CPU eine meist lokale, drahtlose Netzwerkfunktionalität (BAN,PAN oder LAN) plus optional lokale System-/Softwarekomponenten.
Internet Connectivity: Lokales Gateway oder Hub mit integrierten IP- und neuen Protokollen wie CoAp, DTLS und 6loWPAN
Cloud Lösung (Connected „Intelligenz“): z.B. M2M Data connectivity Services, IaaS, PaaS und SaaS basierende Lösungen
Nutzer: Mobile, @Home, @Work …
In dieser vereinfachten Architektur gibt es natürlich verschiedene Detailausprägungen bzw. es wird vieles dem IoT zugeordnet, was es streng genommen dieses nicht ist. Gerade im Industriebereich tauschen bereits seit Jahren smarte Sensor-Knoten Daten untereinander oder via Gateway aus, oder es werden Aktoren angesteuert (z.B. via EIB). Allerdings fehlt bisher in diesem Szenario die (Internet-/Cloud-) connectivity. Im Consumer Bereich hingegen ist nicht der smarte Sensor (teilweise auch als Aktor) mit dem Internet / Cloud verbunden, sondern mit dem Smartphone oder Entertainment-Device als potentielles Internet-Gateway. Dieses bedeutet, dass „Cloud connected Thing“ ist zunächst direkt an das „lokale“ Smartphone oder Entertainment-Device angebunden (welches natürlich freigegebene Daten an die Anbieter Cloud liefern kann). Wie wir sehen, sind in diesem Szenario nicht alle Sensoren / Devices zwingend mit dem Internet verbunden.
IoT Sensoren und Devices gibt es in vielerlei Ausprägungen und Anwendungsbereichen z.B. in Häusern, Gebäuden, Städten, Fabriken und am/im Körper, sodass mehr als ein Technologie-Stack und Protokoll zur Umsetzung des IoT erforderlich ist.
Ausprägung industrielles IoT
Das im wesentlichen aus der Industrie – Automatisierung kommende M2M (Machine to Machine Kommunikation i.d.R geprägt durch Punkt zu Punkt connectivity, proprietäre Systeme, eher lokal mit remote Wartungszugang) ist bereits seit Jahrzehnten im Einsatz und hat dementsprechend etablierte Player. Diese Halbleiterhersteller und Industrieunternehmen wie GE oder Siemens sowie eine Unmenge an spezialisierten Anbieter mit teilweise hoher Produkttiefe und einer Vielzahl spezialisierter Produkte und Lösungen kommen i.d.R. aus der Hardware und embedded computing Ecke. Hier sind auch noch der Assembler und der embedded System Entwickler zuhause. Als ein typisches Devices sei hier die Siemens S7 Familie sowie damit verbundene Aktoren und Sensoren genannt. In der M2M Lösungswelt stehen Maschinen und der Prozess im Vordergrund mit zugeordnetem Betriebs- und Wartungspersonal.
Diese installierte Basis an M2M Lösungen soll nun auch im Internet der Dinge eingebunden und nutzbar gemacht werden, so dass neue oder verbesserte Services etabliert werden können. Das industrielle IoT mit seinen sehr ausgereiften M2M Lösungen ist eine eigene Welt die mit der Business und Consumer „Softwaregeprägten Welt“ nicht allzu viel Parallelen hat(teilweise erkennbar an der internen Organisation eines Unternehmens, so gibt in einigen großen Unternehmen die Unterteilung in Business- und Prozess-IT). Klassische M2M Lösungsanbieter suchen die Annäherung an Connectivity- und Cloud-Lösungsanbieter. Wobei M2M typischerweise sehr sensible Daten übertragen und somit die Sicherheit und Zuverlässigkeit auch im IoT gewährleistet sein muss.
Ausprägung Consumer IoT
Angetrieben durch die Mobilisierung (Smartphone, Tabletts) und den Internetgiganten wie Apple und Google ist in den letzten Jahren bereits ein riesiges Ökosystem entstanden. Im Mittelpunkt der Consumer IoT steht der Mensch (in der Rolle als Consumer) und somit als Device. Das IoT Gateway stellt das Smartphone / Multimedia Device dar oder zukünftig zusätzlich auch andere wie z.B. die smarte Uhr.
Die Hersteller und Lösungsanbieter versuchen ihr bisheriges Angebot in Richtung IoT Business zu erweitern. In diesem Markt werden „dank“ Apple’s und Google’s Ökosystem ständig neue Devices, Gadgets und Softwarelösungen kreiert. Und eines ist wichtig: Die Nutzerdaten sind i.d.R. Kostenlos und stehen für die kommerzielle Weiterverwertung den Unternehmen zur Verfügung (z.B. für Big-Data Anwendungen)!
IoT Business und Ausblick
Im nächsten Teil des Blogs werde ich die IoT Business Modelle und geschäftliche Nutzungsmöglichkeiten näher beleuchten, sowie ein Fazit ziehen und einen Ausblick geben. In der Zwischenzeit freue ich mich über Feedback, Zusatzinformationen und interessante Beispiele oder Problematiken aus der Praxis.
Schöner Artikel.
Die Beispiele zeigen m.E. das man noch stark im Thema Sensoren und Interaktion mit dem Menschen (ich liefere Dir die Werte als Grundlage für weitere Entscheidungen) unterwegs ist.
Richtig spannend wird es (wie Du auch beschreibst) wenn man auch noch weitere Aktoren definiert und damit die Geschäftsprozesse beeinflusst, verändert oder sogar neu erfindet …
Gruß
Jürgen