Luftfracht sollte einfach sein. Ein nicht handelbares Warenbegleitdokument, das multiple Zwecke erfüllen sollte. Altgediente Luftfrachtler können sich noch erinnern. Der AWB, kurz für Air Way Bill, war früher nicht nur Warenbegleitpapier, sondern auch vieles andere mehr. Zum Beispiel Beweisurkunde für den Abschluss des Luftfrachtvertrages, Empfangsbescheinigung des Carriers, Einverständnis des Absenders mit Beförderungsbedingungen plus 3-5 andere Funktionen, für die er heute nicht mehr benötigt wird. Eine dieser Funktionen ist die der Rechnung, denn Bill steht in diesem Zusammenhang nicht für William, sondern ist schlicht das englische Wort für Rechnung. Ist ein AWB ausgestellt und die Sendung ist, wie es in der Fachsprache heißt „ready for carriage“, kann auch die Rechnung gedruckt werden, denn an der Luftfrachtrate und den sonstigen Kosten ändert sich nichts mehr, wenn die Sendung auf dem Weg ist. So zumindest die Theorie, die bei genauerem Hinsehen auch für 95% aller Luftfrachtsendungen gilt.
Stellt sich nur die Frage, warum haben die meisten Luftfrachtspeditionen eine immer grösser werdende Abrechnungsabteilung ? Das hat natürlich zum Teil dieselben Gründe, die Herr Hoppe bereits in dem Artikel http://blog.apari.de/bei-jedem-feueralarm-geht-die-fakturierungs-fibel-mit-ein-plaedoyer-fuer-die-reduzierung-der-komplexitaet/ beschrieben hat.
Jedoch selbst dort, wo heute schon IT Systeme im Einsatz sind, die es beherrschen, gemäß hinterlegten Raten und Konditionen sofort eine Rechnung zu drucken, wird oft der Rechnungsdruck unterdrückt. Die Speditionsakte wird in die Abrechnungsabteilung weitergegeben, in der dann in mühevoller Kleinstarbeit noch einmal überprüft wird, ob auch wirklich die korrekte Rate im Frachtbrief steht und auch so abgerechnet werden kann.
- Komplexität der Tarife ? Ja, manchmal.
- Falsche oder gar keine Konditionen im System gepflegt? Schon eher häufiger.
Hier liegt er begraben – der sprichwörtliche Hund: Die Stammdatenverwaltung oder neudeutsch das Master Data Management, kurz: MDM. Hier geht es nicht nur um Kundenkonditionen, sondern um alle betrieblichen Daten, die mit der Leistungserbringung eines Unternehmens zu tun haben. Noch heute das A und O, ohne dass kein IT System der Welt auskommt, um die im System vorgesehenen automatischen Prozesse ausführen zu lassen. Die Vernachlässigung der Stammdatenverwaltung verschlechtert die Produktivität im Unternehmen, lässt neue Abteilungen entstehen, die oftmals „hidden factories“ genannt werden, da sie in den Kostenstellenbetrachtungen der Unternehmen meist nur indirekt oder gar nicht auftauchen. Dass wie früher ein AWB nicht sofort als Rechnung genutzt werden kann, ist nur eine der vielen Auswirkungen auf Prozesse im Unternehmen. Stammdatenpflege oder nennen wir es MDM kann sehr viel mehr für ein Unternehmen tun. Demnächst gehe ich hier wieder darauf ein.
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