Durch die Vision einer Industrie 4.0 ist das Thema Digitalisierung und Vernetzung von Geschäftsprozessen aktueller denn je. Die Digitalisierung ist natürlich kein Selbstzweck: Sie verändert bestehende Prozesse und führt zu einer besseren Effizienz, sie verbessert aber auch das Angebot an Produkten und Services – und trägt damit zur Verbesserung der Wettbewerbsposition bei.
Digitalisierung ist also kein rein IT-technisches Thema, sondern ein wichtiges, wenn nicht sogar das wichtigste Veränderungsprojekt in vielen Logistikunternehmen, das die Unternehmen tiefgreifend verändert.
Digitalisierung als Veränderungsprojekt
Hierbei gilt ein zu beachtender Wirkungszusammenhang, um die Veränderungen erfolgreich zu meistern:
- Keine Industrie 4.0 ohne Logistik 4.0
- Keine Logistik 4.0 ohne Digitalisierung und Vernetzung der Prozesse
- Keine Digitalisierung der Prozesse ohne entsprechende Prozessreife
- Keine Steigerung der Prozessreife ohne qualifizierte und motivierte Mitarbeiter
- Keine Veränderung ohne eine gelebte „Veränderungs- und Umsetzungskultur“ im Unternehmen
Auswirkungen auf Prozesse, IT und Know-how
Für die Logistik ergibt sich auf dem Weg zur Logistik 4.0 eine Reihe von Anforderungen, die die Prozessgestaltung, IT-Unterstützung und das Know-how wesentlich verändern werden:
- Noch stärkeres Denken in Netzwerken und im „Gesamtprozess“ (statt Einzelinteresse)
- Lückenloser Datenfluss in Echtzeit und Bereitschaft, diese Informationen zu teilen
- Unternehmensübergreifende Transparenz und Zusammenarbeit
- Erhöhter Automatisierungsgrad der Prozesse
Schlechte Prozesse werden nicht „automatisch“ besser, wenn sie digitalisiert werden. Bei den Prozessen treffen vielmehr die Qualitäten der Abläufe, der agierenden Mitarbeiter und der IT-Unterstützung aufeinander. Nur im Zusammenspiel entsteht eine „Prozessreife“ (vgl. Prozessreifegrad nach CMMI) von 3 oder besser 4, die für die Digitalisierung erforderlich ist. Diese liegt heute in der Transportlogistik noch bei 2 bis 3. Für jede weitere Stufe beträgt der mit den Veränderungen verbundene Zeitbedarf erfahrungsgemäß 12 bis 36 Monate.
Ohne qualifizierte und motivierte Mitarbeiter geht nichts
Ohne qualifizierte und motivierte Mitarbeiter wird der Veränderungsprozess in Richtung Logistik 4.0 nicht erfolgreich beschritten werden können. Die benötigte Qualifikation wird sich verschieben: Routineaufgaben werden durch Technik, z.B. RFID oder IoT ersetzt (z.B. Erfassung von Aufträgen oder manuelles Setzen von Statusinformationen). Der Bedarf an Mitarbeitern mit hoher analytischer Kompetenz (z.B. für die Datenanalyse und die Sicherstellung der für die Digitalisierung erforderlichen Datenqualität) wird zunehmen. Gleiches gilt für „Gesamtprozessdenken“ einschl. der Einbindung der Partner/Subunternehmer.
Unterschiedliche Auswirkungen auf die verschiedenen Rollen
Betrachtet man die typischen „Rollen“ im Unternehmen so zeigt sich entsprechend, dass diese unterschiedlich betroffen sind:
- Es gibt Rollen, die wegen einer besseren Datenqualität und Informationsfluss weniger wichtig seine werden: z.B. die Auftragserfassung und die Abrechnung und die vielen „Kontrollstellen“ , die die jeweiligen Ergebnisse der Vorabteilung überprüfen und verbessern müssen Diese Tätigkeiten machen heute im Unternehmen zusammen etwa 10 – 15 % aus.
- Es gibt Rollen, die im Sinne des Gesamtprozesses an Bedeutung gewinnen werden: z.B. der Kundenservice im Bereich der proaktiven „Störungsbeseitigung“ entlang der Lieferkette, die Disposition, die Fahrer und Subunternehmer
- Es gibt neue Rollen, die erforderlich sind, um die Potenziale durch Digitalisierung überhaupt nutzen zu können: etwa den Datenanalysten, der aus der Vielzahl der verfügbaren Informationen die relevanten herausfiltert und dem Management zur Verfügung stellt, die „Daten-Polizei“, die unternehmensweit für die Datenqualität verantwortlich ist, und denjenigen, der die Informationssicherheit gewährleistet, und das Business Development, das gefordert ist, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Das Gros der Mitarbeiter wird mit mehr/neuerer Technologie (den meisten ja schon bekannt aus dem privaten Umfeld) in veränderten Prozessen arbeiten und sich stärker als bisher als Teil des Gesamtprozesses (und nicht mehr der jeweiligen Abteilung) verstehen müssen.
Per Saldo ergeben sich für die Mitarbeiter nach unserer Einschätzung mehr Chancen als Risiken.
Verschiebung in den unterschiedlichen Kompetenzen
Hierbei ist eine Verschiebung in den Kompetenzen erforderlich: Nicht mehr nur die reine Ausführung von Aufgaben, sondern die Planung und Steuerung von Prozessen, die Analyse von Informationen und das Ausnahmehandling sind unabdingbar. Dadurch gewinnen die methodische und soziale Kompetenz an Bedeutung. Vor allem wird aber auch Veränderungsbereitschaft und die Aufgabe von Kopfmonopolen von den Mitarbeitern gefordert werden.
Veränderung ist Führungsaufgabe und eine Frage der Kultur
Werden die Veränderungen erfolgreich umgesetzt, ergeben sich für den Logistikdienstleister erhebliche Potenziale. Neben den Effizienzgewinnen verbessert das Logistikunternehmen seine Wettbewerbssituation und hat Ansätze für neue (vielleicht lukrativere) Geschäfte.
Um dahin zu kommen, bedarf es der Unterstützung der Führungsmannschaft und einer Veränderungs- und Umsetzungskultur in den Unternehmen. Dies ist nach Beobachtung durch A’PARI Consulting häufig der Schwachpunkt: Die Digitalisierung wird „auf die lange Bank“ geschoben. Das ist sträflich, denn das größte Risiko bei der Digitalisierung ist, nicht dabei zu sein. Die Mitarbeiter sind dabei häufig offener als deren Führungskräfte. Digitalisierung funktioniert aber nur, wenn alle im Unternehmen an einem Strang ziehen.
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